Vom Kirkjufell zum Golden Circle

Ich habe in dieser Nacht richtig gut geschlafen. Gestern Abend fing es intensiv an zu regnen, die vom Hotel aufgehangenen Fähnchen vor meinem Fenster flatterten schön im Wind und die Regentropfen prasselten in einem angenehmen Takt an die Fenster. "Yea, das wird meine Nacht!", konnte ich gestern Abend beruhigend denken. Einfach nur hinlegen, nichts planen, draußen verpasse ich sowieso nichts. Die Polarlichter die für uns heute Nacht über dem Kirkjufell strahlen sollten, ließen wie in all den anderen Nächten auf sich warten. Nur mit dem kleinen Unterschied, in der vergangenen Nacht musste nicht mal gewartet werden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit konnten die grünen Lichter wieder ausgeschlossen werden. Sonnenaufgang am Kirkjufell hat sich auch erledigt, ich liege also bis morgens im Bett und möchte nicht aufstehen. Die ganze Nacht hat es durchgeregnet. Auch der Blick aus dem Fenster ist demotivierend. Für mich ist das ein Morgen der nur im Bett verbracht werden sollte. So schön kuscheln, eine Tasse Kaffee trinken und tolle Reiseberichte lesen, um die Planung für die nächsten Reisen zu spinnen. Den Kaffee gönne ich mir jetzt auch im Bett, nur die Laune wird nicht besser.

Was ist eigentlich noch so ein Vorteil in der Gruppe zu reisen? Man kann sich nicht gehen lassen und muss sich auch in schwächeren Zeiten zusammenreißen. Wir haben eine Verabredung, ein Date zum Frühstück, ich muss also raus aus den Federn. Waschen, anziehen, Koffer schließen, Schlüssel nehmen, wir schaffen das alles in einer halben Stunde.

Andreas und Burckhard haben das Frühstück in den höchsten Tönen gelobt. Gut war es wohl im vergangenen Jahr, jetzt ist es überraschend anders. Das gelangweilte Personal passt auf, dass alle satt werden, zu mehr reicht das Angebot nicht. Nicht so richtig schlecht, aber für den heutigen Morgen wäre etwas Besseres einfach auch wohltuender für meine Stimmung gewesen. 

Überhaupt kann das Hotel Framnes am Kirkjufell nicht mal schön geredet werden. Ich schreibe so gut wie gar nichts über Hotels und Motels. Wenn aber ein Hotel so lieblos geführt wird, ist das schon Wert einen Kommentar zu verlieren. Viel wird hier nicht investiert, Reparaturen stauen sich an, es läuft wohl, aber nicht gut!

Zu fünft frühstücken hat schon was, das lenkt ab. Eigentlich mag ich zum Frühstück immer meine Ruhe haben, hier aber kommen wir auch an diesem trüben Morgen zum Lachen. Kein Miesepeter dabei der die Stimmung versauen könnte. Es rollt...

Die Sachen werden in beiden Autos verstaut und die Fahrt Richtung Golden Circle kann starten. Den ersten Stopp legen wir an der Küste ein. Es regnet nicht mehr und die frische Seeluft umgeben von dieser schönen Landschaft ist einfach schön. Wird es etwa dahinten hell? 

Im Auto wieder unser Kracher, denn "irgendwo scheint immer die Sonne."  Wir haben Spaß an unserem Wortwitz und irgendwie bestätigt sich das auch, denn als wir zur schwarzen Kirche nach Budir fahren, werfen wir einen fantastischen Blick auf die Südküste der Halbinsel. Die Sonne kämpft sich durch die dicken Wolken und scheint schwach auf das Land.

Kurz vor der Ankunft an der Kirche dann das, heute Morgen hätte ich das nie für möglich gehalten so ein umwerfendes Licht anzutreffen. Ich habe so etwas noch nie gesehen (oder ich war blind), es glänzt und spiegelt sich auf dem Wasser, ein Traum, einen Moment den ich nie vergessen werde. Da wird die Kirche fast zur Nebensache.

Das erste Foto von der Kirche von Búðir sitzt mal wieder und es bestätigt sich zum wiederholten Male, die anderen 15 Bilder hätte ich mir sparen können. Ich schaffe es einfach nicht weniger zu fotografieren, das war u.a. auch mein Ziel vor dem Urlaub. Aufgabe nicht erfüllt, 2500 Bilder sind schon auf der Festplatte.

Kirche von Búðir
Kirche von Búðir

In einem Mix aus Sonne und Wolken besprechen wir unsere nächsten Ziele. Erstmal geht es Richtung Sonne, zur Steilküste von Lóndrangar. Dort steigen wir den kleinen Hügel hinauf, um die Lóndrangar, die Überreste eines Vulkanschlotes, zu sehen. In der Ferne sieht man den Malarrif Leuchtturm.

Steilküste, Londrangar
Steilküste, Londrangar
Steilküste, Londrangar

Wir nehmen uns viel Zeit und beobachten wie die Wellen an die Küste schlagen. Das Wasser hat im Sonnenschein wieder diese spektakuläre schöne Farbe. Die Bilder vom Mai 2015 waren hier übrigens (fast) mausgrau.

Steilküste, Londrangar

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, auch deshalb gibt es während der Fahrt ab und zu eine kleine Zieländerung die wir vorher so nicht abgesprochen haben. Nicht wundern also, sollte jemand im Detail überlegen, weshalb und wieso wir so gefahren sind. Die Tour ist zum Nachfahren nicht unbedingt geeignet.

Es ergibt sich ein kleines Gespräch mit einer Fotografentruppe, die ganz entspannt an ihren Kameras rumfummelt. Ganz ehrfürchtig fotografiere ich die 40000 Dollar teure Kamera vor dem Objekt der Begierde. Wir dürfen auch durchgucken, viel lieber würde ich das Ergebnis sehen. Der Besitzer hat so viel Spaß, übrigens auch nur ein Hobbyfotograf, dass auch ich mich für ihn mitfreuen kann. Egal womit fotografiert wird, entscheidend ist immer die Liebe zur Fotografie und der Spaß an der Sache. Ein Hobby macht glücklich, es sollte nur nicht zur Sucht werden.

Steilküste, Londrangar
Steilküste, Londrangar

Weiter geht es zu den Höhlen und Klippen bei Hellnar. Orte, an denen der Besucher auch einen ganzen Tag verbringen könnte. Wunderschön anzusehen.

Höhlen und Klippen bei  Hellnar
Höhlen und Klippen bei Hellnar

Die Höhle ist auf dem Bild kaum zu erkennen und sieht hier so aus. 

Höhlen und Klippen bei  Hellnar
 bei  Hellnar

Von Hellnar führt eine 3 km lange Wanderung an die Felsküste von Arnastapi. Die Wanderung geht an der schwarzen Steilküste mit Höhlen und Felsentoren vorbei. Das wäre jetzt bei diesem Wetter ein Traum. Wir aber fahren mit den Autos den großen Parkplatz bei Arnastapi an. Dort stehen, oh wie schön, einige Reisebusse.

Darauf habe ich gar keine Lust. Erst gibt es ein Bild von dem fotogenen Häuschen an der Küste und dann renne ich mit meiner Kamera in die falsche Richtung. 

Küste vor Arnarstapi
Küste vor Arnarstapi

Dahin wo kaum Menschen sind. Nur blöd, dass ich somit den Gatklettur Sea Arch verpasse. Das ist die Attraktion der Küste. Ich suche ihn mit Burckhard am falschen Ende der Felsküste. Irgendwie ist das für uns aber auch mal wieder schön nur zu zweit die Gemeinsamkeit in der Natur zu genießen.  Hier ist es ... schön, was soll man noch für Wort finden. Wir gehen einfach spazieren.

Wir haben bisher einen Teil des Gebietes um den Snæfellsnes Nationalpark besucht.

Wer sich näher interessiert sollte diese deutsche Broschüre lesen:

Von der Halbinsel Snæfellsnes geht es nun zum berühmten Hraunfossar, vor uns liegen ungefähr 175 km Fahrt.

Ich kann es ja jetzt schon mal schreiben, bevor zur falschen Zeit am richtigen Ort wieder der Regen beginnt, legt sich Mutter Natur noch einmal perfekt in Schale. An jeder Ecke strahlt uns ein Regenbogen entgegen. So ein schönes Wetter haben wir uns auch mal verdient! Wir träumen schon von Polarlichtern heute Nacht, es wird unsere letzte in diesem Urlaub auf Island werden. Die Stimmung bei uns im Auto ist fast euphorisch. Wir gucken raus, treten an der richtigen Stelle auf die Bremse, freuen uns, knipsen und fahren weiter.

Oder ich knipse schnell aus dem Auto heraus.

Sogar als wir wieder einen kleinen Pferdestopp einlegen, meint Mütterchen Natur mit ein paar bunten Strahlen uns den Tag zu versüßen.

Auf der Fahrt zum Hraunfossar entdecken wir auch wieder einige schöne Ecken, die im Kopf für eine nächste Reise abgespeichert werden. Wir sind nach den vielen Eindrücken auf der Insel noch immer nicht gesättigt von der Schönheit der Landschaft und erfreuen uns an den bunten Blättern der Herbstfärbung.

Fast hätten wir bei den vielen schönen Anblicken der Regenbögen vergessen, dass dann auch irgendwo die Sonne scheint und es irgendwo regnet.

Jedenfalls regnet es jetzt bei uns!  Und das auch als wir am Hraunfossar ankommen. 

Wir sitzen sprachlos im Auto und können nicht glauben, dass uns ein Déjà-vu fast während des gesamten Urlaubs begleitet. Pünktlich am Wasserfall angekommen fängt es an zu regnen. Für diesen sind wir etliche Kilometer gefahren, unterwegs schien die Sonne, hier regnet es. Menschenskinder, und das auch noch heftig. Gerade wollte ich Andreas überreden einfach weiter zu fahren, da entdecke ich im Spiegel einen hellen Schein. "Andreaaaas, dahinten wird es hell!" So etwas habe ich auch noch nicht erlebt, von einer auf die andere Sekunde scheint die Sonne, ganz ohne Vorankündigung. Verblüfft rennen wir aus dem Auto, Kamera gegriffen und weg sind wir alle.

Hraunfossar im Herbstkleid mit Regenbogen, uns stockt der Atem bei diesem Anblick. Ich bin überwältigt von den Farben, dem Wasser, dem Himmel und von diesem perfekten Moment.

Hraunfossar
Hraunfossar

In solchen Momenten ist jeder in der Gruppe mit sich alleine. Alle suchen die Stille um zu genießen. Wenn ich sage, wir saugen diesen Moment auf ist das nicht übertrieben.

Hraunfossar
am Hraunfossar

Vom Hraunfossar geht es nun weiter Richtung Reykjavik. Dort wollen wir einige Mitbringsel einkaufen. Wir entscheiden uns für die isländische spezielle Süßigkeit Lakritze mit Schokolade. Ansonsten bringen wir uns zur Erinnerung an unseren Urlaub nur noch einen kleinen Stein mit. Diesen haben wir heute bei Hellnar gefunden. Er liegt zusammen mit den roten Steinen aus den USA in der Nähe unseres Esstisches. Schöne Erinnerung, Steine verblassen nicht, können in die Hand genommen werden und irgendwie klappt es dann auch besser mit der Erinnerung, lach.

 

Wir nennen sie Uschi, habe ich schon über Uschilein gesprochen? Sonst navigiert sie uns mit einigen komischen Ideen relativ zuverlässig über das Land. Heute muss sie ihre Tage haben und schlechte Laune dazu. Sie zickt, leider sind wir positiv denkende Menschen und wundern uns nur über die Routenberechnung. Am Ende habe ich Andreas noch nie so erlebt, er ist ein geduldiger Mensch und klopft jetzt frauenfeindliche Sprüche, er ist geladen hoch drei. Nee, das ist kein Spaß, Andreas ist angepieselt von der Idee sich auf die 150 km länger dauernde Fahrt eingelassen zu haben.

Irgendwie schaffen wir es noch zum Geysir. Es ist fast dunkel, wir sind alle ein wenig erschöpft und Bernd fängt jetzt auch noch an zu murren. Mein Ergebnis von der "Blase" ist unbefriedigend, ich brummel auch so vor mich hin.

Bäh zu spät, keine Blase
Bäh zu spät, keine Blase

Das ist wirklich kein Wunder. Ein wundervoller vollgepackter Tag neigt sich dem Ende entgegen. Zum ersten Mal habe ich einen kurzen Blackout und kann mich für Sekunden nicht erinnern, was ich am Vormittag gesehen habe.

Jetzt kommt uns diese tolle Unterkunft entgegen. Ein sehr gemütliches Zimmer sorgt für Entspannung. Das Farmhotel Efstidalur ist super schön an einem Hang gelegen. Perfekt zum Fotografieren der Polarlichter. Eigentlich, wir brauchen heute Nacht nicht aus dem Fenster gucken..., ja richtig...

 

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